Welcome to Sei lieb   Click to listen highlighted text! Welcome to Sei lieb

Es war kein großes Drama. Kein Streit. Kein Ausbruch.
Nur ein Gespräch.
Oder besser: ein Nebensatz in einem Gespräch.
Ein kleiner Moment, der in mir eine Lawine losgetreten hat.

Sie sagte, sie findet ihn klug.
Diesen Journalisten, diesen Podcaster.
Gut informiert. Klar. Intelligent.
Und ich wusste: Sie hat recht. Er ist klug. Und reflektiert. Und wahrscheinlich ein ziemlich guter Mensch.
Ich konnte nichts an ihm aussetzen.
Und trotzdem spürte ich sofort dieses… Ziehen.
Etwas in mir zuckte zusammen.
Nicht laut. Nicht dramatisch. Aber deutlich.

Ich versuchte, es wegzuschieben.
Weil es mir peinlich war.
Weil es nicht in mein Selbstbild passte.

Ich bin doch nicht eifersüchtig.
Nicht auf jemanden, den sie klug findet.
Nicht auf jemanden, mit dem sie gar nichts hat.
Nicht auf einen Mann, der gar kein Teil unserer Realität ist.
Oder?


Was da eigentlich passiert ist

Was dann folgte, war nicht Wut.
Es war auch keine echte Eifersucht.
Es war… Enttäuschung.
Aber nicht über sie – über mich.

Denn was da in mir reagierte, war nicht Liebe.
Es war Besitzdenken.
Nicht der bewusste Wunsch, jemanden zu kontrollieren – nein.
Aber der unbewusste Reflex: „Ich will der sein, den sie besonders findet.“

Ich dachte, ich sei längst darüber hinweg.
Ich dachte, ich hätte mich befreit von diesen alten Mustern.
Ich dachte, ich sei sicher in dem, was ich bin.

Aber die Wahrheit ist: Ich bin nicht frei.
Ich bin polyamor.
Ich denke, liebe, fühle in Weite, nicht in Exklusivität.
Aber ich lebe es nicht.
Nicht, weil ich es nicht will – sondern weil ich es bewusst lasse.

Meine Frau ist monogam.
Sie möchte das für sich nicht.
Und sie ist meine Frau. Das heißt: Was sie braucht, was sie fühlt, hat in unserer Beziehung Priorität.
Nicht als Verzicht, nicht als Verlust – sondern als Entscheidung.
Aus Respekt.
Aus Liebe.
Weil ich weiß, dass es sie wirklich unglücklich machen würde.
Und weil ich nicht liebe, um mir selbst mehr Raum zu verschaffen, sondern um gemeinsam Raum zu halten.
Für uns beide.


Über welche Frau ich hier spreche

Und damit das klar ist:
Ich spreche hier nicht von meiner Frau, mit der ich mein heutiges Leben teile.
Sondern von einer Frau, mit der ich vor zwanzig Jahren zwei Mal zusammen war –
und mit der mich bis heute eine tiefe Freundschaft verbindet.
Es war sie, mit der ich dieses Gespräch hatte.
Und es war ihr Satz, der diesen alten Schatten in mir geweckt hat.


Die Geschichte hinter dem Echo

Denn vor vielen Jahren gab es zwischen uns eine Geschichte.
Und beim zweiten Mal…
Da war da dieser Moment, der alles verändert hat.

Sie hat sich mit einem anderen Mann getroffen.
Nicht heimlich. Nicht hinterhältig.
Ich wusste es. Ich habe zugestimmt.
Weil ich dachte, ich könnte das.
Weil ich dachte, ich müsste das können.
Weil ich dachte, dass Liebe bedeutet, Raum zu geben.

Was ich damals nicht konnte, war zuzugeben, wie sehr mich das getroffen hat.
Wie tief der Riss war.
Wie hart es war, zu erleben, dass ich ihr bestimmte Dinge nicht geben konnte – und sie sich das holte, was ihr fehlte.
Ich konnte es nicht sagen.
Nicht zu ihr. Nicht zu mir.
Und ich trug es wie einen Splitter unter der Haut, der nie ganz verschwand.

Erst heute, 18 Jahre später, kann ich sagen:
Es hat wehgetan.
Es hat mein Selbstbild erschüttert.
Es hat mich in eine Unsicherheit gestürzt, aus der ich mich nur mühsam befreit habe.


Das Echo im Jetzt

Und jetzt, viele Jahre später, reicht ein einziger Satz über einen anderen Mann –
über jemanden, den sie klug findet –
und ich sitze wieder da mit diesem Gefühl in der Brust.
Nicht weil er etwas getan hätte.
Nicht, weil sie etwas falsch gemacht hätte.
Sondern weil da eine alte Dissonanz in mir lebendig wird.

Ein Widerspruch zwischen dem, was ich denke zu sein –
und dem, was ich tatsächlich fühle.


Und was danach kam

Ich habe ihr eine Sprachnachricht geschickt.
Alles erzählt.
Ehrlich. Unverstellt.
Nicht als Bedürftigkeit, sondern als das, was es war:
eine Dissonanz, die sich in mir aufbäumte.
Kein Vorwurf. Keine Schuld.
Nur ein Stück Wirklichkeit, das ich endlich aussprechen konnte.

Und während ich sprach, wurde es leiser.
Ich konnte mich selbst hören, ohne mich zu verurteilen.
Ich konnte das Gefühl enttarnen – als das, was es war:
Keine echte Emotion, sondern die Folge eines alten inneren Bruchs.
Ein Echo aus der Vergangenheit.


Der Platz danach

Und zwischen uns war wieder Platz.
Für sie.
Für mich.
Und – mit einem leichten Grinsen gesagt – auch für den Mann, über den wir gesprochen hatten.

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