1. Einleitung: Eine liebevolle Klarstellung
„Es ist doch toll, dass dein Mann dir so im Haushalt hilft!“
Diesen Satz höre ich immer wieder. Und ehrlich gesagt, er bringt mich mittlerweile nur noch zum Kopfschütteln. Warum? Weil er eine Annahme mit sich bringt, die vollkommen falsch ist – und meine Frau regelmäßig auf die Palme bringt.
Dieser Satz impliziert, dass der Haushalt und die Care-Arbeit primär die Aufgabe der Frau sind. Und wenn der Mann sich dann daran beteiligt, dann wird das als Ausnahme, als Gefallen oder als „Hilfe“ angesehen. Aber genau das ist das Problem: Es ist keine „Hilfe“, wenn ich den Haushalt mache. Es ist meine Verantwortung – genauso wie es die Verantwortung meiner Frau ist.
Haushalt und Familie sind keine Frage des Geschlechts, sondern der Partnerschaft. Verantwortung zu teilen bedeutet, auf Augenhöhe gemeinsam zu arbeiten, unabhängig von Rollenbildern oder Erwartungen, die die Gesellschaft uns vielleicht aufzwingen will. Und genau darum soll es in diesem Text gehen: Warum Care-Arbeit keine „Hilfe“ ist, sondern Arbeit, die Respekt und Wertschätzung verdient.
2. Gesellschaftliche Reflexion: Verantwortung statt Hilfe
Das Problem: Die unsichtbare Last der Care-Arbeit
Studien zeigen es immer wieder: Selbst in Beziehungen ohne Kinder, in denen beide Partner gleich viel arbeiten und gleich viel verdienen, übernehmen Frauen den Großteil der Care-Arbeit. Dazu gehören Dinge wie Putzen, Kochen oder das emotionale Management – alles Aufgaben, die oft unsichtbar bleiben und trotzdem essenziell für das Funktionieren eines Haushalts sind.
Noch deutlicher wird das Ungleichgewicht, wenn Kinder hinzukommen. Hier steigt die Belastung für Frauen enorm, während Männer oft nur einen kleinen Teil der zusätzlichen Verantwortung übernehmen. Und dann gibt es gut gemeinte Vorschläge wie:
- „Lass den Haushalt doch einfach mal liegen!“
- „Rede doch mit deinem Partner darüber!“
Das mag für die Betroffenen kurzfristig Druck abbauen, aber es löst das eigentliche Problem nicht. Denn das Kernproblem liegt woanders: Es fehlt ein Bewusstsein für Verantwortung.
Warum Sprache wichtig ist
Sprache prägt unser Denken. Der Satz „Er hilft im Haushalt“ verfestigt das stereotype Rollenbild, dass der Haushalt ursprünglich der Frau gehört – und der Mann sich ab und zu als großmütiger Helfer beteiligt.
Das hat zwei Konsequenzen:
- Care-Arbeit wird unsichtbar. Sie wird nicht als vollwertiger Beitrag angesehen, sondern als etwas, das einfach nebenbei laufen soll.
- Care-Arbeit wird abgewertet. Sie gilt nicht als echte Arbeit, sondern als etwas, das „halt gemacht werden muss“ – und zwar von der Frau.
Ein Aufruf zur Veränderung
Es ist Zeit, dass Männer Verantwortung übernehmen. Nicht als Ausnahme oder Altruismus, sondern als Selbstverständlichkeit. Care-Arbeit ist genauso wichtig wie jede andere Arbeit – und sie verdient Anerkennung, Respekt und Gleichberechtigung.
3. Unsere Entscheidung: Wie unsere Aufteilung entstand
Mein Kinderwunsch
Ich wollte Kinder. Für meine Frau war das in Ordnung – aber nur unter einer Bedingung: Dass ich zu Hause bleibe, die Kinder großziehe und den Haushalt übernehme.
Die Prägung meiner Frau
Meine Frau ist in Bayern auf dem Land groß geworden, in einer Umgebung, in der die Rollen klar verteilt waren: Frauen brauchen keine Bildung, denn ihre Aufgabe ist es, Kinder zu bekommen und den Haushalt zu führen.
Doch sie wollte diesen Erwartungen nicht entsprechen. Heute ist sie Mathematikerin, Führungskraft in der IT und lebt ein selbstbestimmtes Leben – entgegen den Wünschen fast aller Männer, die sie zuvor kennengelernt hat.
Für sie ging es nie nur um Karriere. Es ging ihr um das Recht, ihren Weg selbst zu bestimmen, genauso wie ein Mann es kann.
Unsere Vereinbarung
Ich habe den Haushalt und die Kinderbetreuung übernommen, während sie Vollzeit arbeitet. Für uns beide war das eine bewusste Entscheidung – und auch eine wirtschaftlich sinnvolle.
„Mit dem, was ich in meiner Festanstellung im Jahr verdient habe, hat sie nicht mal ein Bewerbungsgespräch begonnen.“
4. Warum ‚helfen‘ der falsche Begriff ist
Der Begriff „helfen“ suggeriert, dass der Haushalt die Aufgabe der Frau ist und der Mann lediglich hin und wieder unterstützt. Doch das ist nicht die Realität.
Haushalt und Care-Arbeit sind keine Hilfe – sie sind Verantwortung. Eine Partnerschaft funktioniert nur, wenn beide diese Verantwortung zu gleichen Teilen tragen, auch wenn die Aufgaben unterschiedlich verteilt sein mögen.
In unserem Fall übernehme ich den Großteil der täglichen Aufgaben, weil es zu unserer Lebensweise passt. Aber das ist kein Gefallen, den ich meiner Frau tue – es ist mein Teil der gemeinsamen Verantwortung.
5. Wie wir unsere Aufteilung leben
Regelmäßige Kommunikation
Unsere Aufteilung funktioniert, weil wir immer wieder miteinander sprechen. Wir setzen uns regelmäßig zusammen, um zu reflektieren, ob die Aufgabenverteilung noch passt, ob einer von uns überlastet ist oder ob wir etwas ändern müssen.
Auch unsere Kinder beziehen wir in diese Gespräche ein. Sie lernen, dass Care-Arbeit ein Gemeinschaftsprojekt ist, an dem alle teilnehmen. Je älter sie werden, desto mehr Aufgaben übernehmen sie selbst.
Dynamische Aufgabenverteilung
Ich übernehme den Großteil der täglichen Aufgaben wie Putzen, Kochen und die Kinderbetreuung. Bei größeren Projekten wie dem Ausmisten oder dem Aussortieren der Kinderzimmer arbeiten wir zusammen – alles basiert auf Absprache und gegenseitigem Respekt.
„Ändere die Art, wie du sprichst – dann änderst du die Art, wie du denkst“
J.R. Minton hat es in einem TikTok-Video wunderbar auf den Punkt gebracht:
„Ich helfe meiner Frau nicht. Ich helfe ihr nicht sauber zu machen, zu kochen oder sonst irgendwas. Denn ich tue, was ich zu tun habe, als Vater und als Ehemann. Ich koche, ich mache sauber, ich mache die Wäsche, ich kümmere mich um die Kinder. Ich kann meiner Frau nicht helfen, diese Dinge zu tun, denn sie sind auch mein Job. Ändere die Art, wie du sprichst, dann änderst du die Art, wie du denkst. Werd verdammt noch mal erwachsen und sei ein Mann!“
Diese Worte treffen genau ins Schwarze. Sie zeigen, wie eng Sprache und Denken miteinander verbunden sind. Wenn wir Care-Arbeit als „Hilfe“ bezeichnen, gestehen wir insgeheim zu, dass wir sie nicht als gleichwertigen Teil unserer Verantwortung betrachten.
Sprache prägt unser Denken – und Denken prägt unser Handeln. Wer sagt: „Ich helfe meiner Frau“, entzieht sich der vollen Verantwortung. Es klingt so, als wäre die Arbeit eigentlich die der Frau, während der Mann sich als großzügiger Unterstützer inszeniert. Doch Care-Arbeit ist keine Frage von Altruismus oder Gefälligkeiten – sie ist die Grundlage jedes funktionierenden Haushalts und einer gleichberechtigten Partnerschaft.
Eine liebevolle Botschaft an meine Schwiegeroma
„Liebe Schwiegeroma,
ich weiß, du meinst es nur gut, wenn du sagst, dass ich meiner Frau im Haushalt helfe. Aber lass mich dir eines sagen: Ich helfe nicht. Ich mache den Haushalt.
Weil ich eine tolle Frau habe, die ihren Weg geht und unsere Familie unterstützt. Weil ich den Haushalt nicht als ihre Aufgabe sehe, sondern als unsere gemeinsame Verantwortung. Und weil wir uns entschieden haben, dass ich zu Hause bleibe und diese Aufgaben übernehme, während sie arbeitet.
Wir leben so, wie es für uns als Familie funktioniert – mit Respekt und auf Augenhöhe. Ist das nicht genau das, was eine Partnerschaft ausmacht?“
Fazit: Verantwortung statt Hilfe
Care-Arbeit ist keine „Hilfe“. Sie ist Arbeit – und Arbeit verdient Respekt.
Es spielt keine Rolle, wie ein Paar die Aufgaben verteilt, solange beide die Verantwortung gleichermaßen tragen. Gleichberechtigung beginnt zu Hause:
- In der Sprache, die wir verwenden. Worte wie „Hilfe“ entwerten die Bedeutung der Arbeit und verfestigen alte Rollenbilder.
- In der Art, wie wir Verantwortung übernehmen. Care-Arbeit ist kein Nebenprojekt, sondern essenziell für ein funktionierendes Leben.
- Im Vorbild, das wir geben. Kinder lernen, was sie sehen. Wenn wir Gleichberechtigung vorleben, geben wir ihnen die besten Werkzeuge für ihre eigenen Beziehungen mit.
Denn am Ende geht es nicht um Symmetrie oder Perfektion, sondern um Respekt und Teamarbeit. Und das beginnt damit, wie wir denken – und wie wir sprechen.
Wenn dich das Thema interessiert und du tiefer eintauchen möchtest, kann ich dir wärmstens den Ratgeber Sei lieb zu deinen Frauen – oder die Anleitung, kein Idiot zu sein empfehlen. Besonders die Kapitel 1 (Grundlagen), 3 (Männliche Privilegien), 5 (Empathie und Respekt in der Männerwelt), 6 (Grenzen setzen und respektieren) und 9 (Partnerschaft und wertschätzendes Miteinander) bieten wertvolle Impulse, wie wir Männer Verantwortung übernehmen, Care-Arbeit respektieren und unsere Beziehungen auf Augenhöhe gestalten können. Dieses Buch ist eine Pflichtlektüre für jeden Mann, der verstehen möchte, wie Gleichberechtigung aktiv gelebt werden kann.
Schreiben Sie einen Kommentar